Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
im Auftrag der übergroßen parteiübergreifenden Mehrheit der Stadträtinnen und Stadträte der Großen Kreisstadt Flöha (19 Ja-Stimmen und 2 Enthaltungen) wurde ich in der Stadtratssitzung am 26.01.2023 beauftragt, Ihnen folgende Protestnote zu übersenden.
Protestnote
Wir verurteilen die Zusage der deutschen Bundesregierung, die ukrainische Armee mit deutschen Leopard 2 Panzern ausstatten zu wollen. Mit dieser Entscheidung haben Deutschland und weitere Verbündete der NATO einen weiteren militärpolitischen Schritt vollzogen, der unserer Meinung nach den Weg zur diplomatischen Befriedung des Konfliktes zunehmend unmöglich macht und die Gefahr der Eskalation des Krieges weiter gefährlich verschärft. Damit folgt die Bundesregierung der von Russland vorgegebenen Kriegsdynamik. Die neuesten Forderungen des ukrainischen Präsidenten nach weiterem schweren Kriegsgerät, wie Kampfjets, beweisen uns auch, dass die Lieferung der Leopard 2-Panzer nicht das Ende der Zuspitzung dieser militärischen Auseinandersetzungen sein wird. Die Spirale der Aufrüstung der Ukraine und damit die Verlängerung des Leids der Bevölkerung kann nur mit diplomatischen Mitteln beendet werden.
Sie als Kanzler haben sich bisher in der Thematik der Lieferung schwerer Verteidigungswaffen in das Kriegsgebiet, entgegen anderer politischer Verantwortlicher, der Regierung und der Opposition, als unaufgeregter und verantwortungsvoller Entscheidungsträger erwiesen. Deshalb ist es uns unverständlich, dass solch eine folgenschwere Entscheidung, die vor allem auch die Gefahr der Ausweitung des Angriffskrieges Russlands auf weitere Kriegsparteien in sich birgt, von Ihnen damit in Kauf genommen wird.
Die Strategie der Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet spaltet mittlerweile die Bevölkerung in Deutschland. Insbesondere im Ostteil unseres Landes sind die Gegner solch einer militärstrategischen Denkweise in der Mehrheit. Viele Bürgerinnen und Bürger sorgen sich um ihre friedliche Zukunft und die ihrer Familien. Auch sehen wir die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes, angesichts des Zustands der Bundeswehr und ihrer Ausrüstung, mit größter Sorge.
Da die nun angekündigten Waffenlieferungen an Leopard 2 in den nächsten Monaten für militärisch kriegsentscheidende Veränderungen im Interesse der Souveränität der Ukraine noch nicht zur Verfügung stehen können, ist dieses politische Signal der NATO-Verbündeten eine reine Drohung an den Aggressor, mit unabsehbaren Folgen für die Ukraine und für ganz Europa in den nächsten Monaten.
Dieser Krieg besitzt mit seiner rein militärischen Denkweise das Potenzial, eine atomare Katastrophe nicht nur in Europa auszulösen. Im Interesse des leidgeplagten ukrainischen Volkes, auch der vielen sinnlos geopferten russischen Soldaten und einer friedlichen Zukunft in Europa und der Welt, ist in der jetzigen zugespitzten Situation eine offensive globale diplomatische Allianz erforderlich.
Eine Auseinandersetzung mit einer Atommacht wie Russland kann nur mit diplomatischen Mitteln zum Erfolg führen.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Holuscha
Oberbürgermeister